Liebe Mitarbeiter, Freunde und Förderer des NSG Graswarder
Das Jahr 2014 liegt fast schon hinter uns und es wird Zeit, ein kurzes Resümee zu ziehen. Es war ein ereignisreiches Jahr, das in die Geschichte unserer nunmehr 43. Betreuungstätigkeit auf
dem Gras- warder eingehen wird.
Trotz aller umfangreichen Vorarbeiten zur Verhinderung von Übergriffen durch Prädatoren, musste zum ersten Mal ein Totalausfall bei der Aufzucht von Jungvögeln registriert werden. Kein
einziger Vogel wurde flügge. Fassungslosigkeit bei allen Mitarbeitern. Ein derart bedrückendes Ergebnis hat es noch nie seit 1971 gegeben. Über die Folgen dürfen wir gar nicht nachdenken.
Fakt ist aber, dass umfassende und wirksame Maßnahmen in der nächsten Zeit getroffen werden müssen, damit der Graswarder seine Attraktivität für Küstenvögel weiter behält. Das ist aber leichter
gesagt als getan, denn in der Zwischenzeit ist das NSG zu einem „Tummelplatz“ für Füchse und Marder geworden. Ohne Bejagung fühlen sich diese beiden Greifsäuger offenbar so wohl und so sicher,
dass sie selbst am hellichten Tage ungeniert im Gebiet herumstreifen. In einem Naturschutzgebiet, das vorrangig vom Land Schleswig-Holstein zum Schutz von Küstenvögeln eingerichtet wurde
ein Umstand, der so nicht hingenommen werden kann. Da auch in der Zukunft nicht damit zu rechnen ist, ortskundige Jäger für die Dezimierung zu finden, reifte der Gedanke, das
bisherige Netz an Zäunen so zu optimieren, dass sie z.B. von Füchsen nicht übersprungen werden können. Sie müssen so massiv gebaut werden, dass sie auch gegen Sturmhochwasser bestehen
können und zudem noch zusätzlich mit E-Zäunen zum Schutz gegen Marder ausgestattet werden. Ein nicht ganz billiges Vorhaben, das dem Umweltministerium zur Entscheidung vorgelegt
wurde.
Aber der Reihe nach: Das Jahr begann schon von vornherein unter einem schlechten Vorzeichen, denn die im Winter eingesetzten und mit erheblichem Lärm verbundenen Rammarbeiten zur Pfahlgründung für das „Strandresort“ sollten eigentlich bis Mitte März abgeschlossen sein. Daraus wurde nichts. Die östlich angrenzenden Wasserflächen verloren dadurch ihre Bedeutung als einer der wichtigen Balzplätze für Eiderenten. Sie verschmähten diesen Raum schon nach kurzer Zeit. Es kam zu keiner Ansiedlungen dieser recht seltenen Vogelart im westlichen Teil des Graswarders.
Parallel zu dieser Bautätigkeit setzte auch die Erschließung des westlich der Seebrücke gelegenen Gebietes mit der Errichtung eines großen Parkplatzes ein, in dessen Umfeld immer noch ein
guter Bestand an Sprossern anzutreffen war.
Im Herbst wurde darüber hinaus bekannt, dass östlich und westlich der Seebrücke Hotelbauten geplant sind, in deren Planungsraum weiträumig alle Bäume gefällt werden sollen. Die Folge wäre
eine vollständig veränderte Landschaft. Zu Einwendungen und zu Vor-schlägen zur Erhaltung des landschaftsprägenden Baumbestandes seitens des NABU gab es bisher keine
Stellungnahme der Planer, leider. Die Entwicklungen einer ziel- führenden und positiven Zusammenarbeit mit dem Tourismus sieht einfach anders aus.
Ganz im Gegensatz dazu verlief ein Gespräch mit der neuen Geschäftsführerin der TASH (Tourismus Agentur SH), der HVB (Heiligenhafener Verkehrsbetriebe) und dem NABU, in dem man sich einig war,
dass gerade Aspekte des Schutzes einer intakten Natur oder das Angebot von Naturzentren mit ihren naturkundlichen Führungen zu einem beiderseits fruchtbaren Miteinander von Naturschutz und
Tourismus führen kann. Zweieinhalb Stunden dauerte das sehr konstruktive Gespräch, in dem die Geschäftsführerin ihre Verwunderung darüber aussprach, dass ihr Tourismusverband an der
Ostseeküste die Zusammenarbeit bisher so stark vernachlässigt hat. Von dem guten Heiligenhafener Beispiel zeigte sie sich sehr beeindruckt und versprach, entsprechende Türen im
Wirtschaftsministerium aufzustoßen. „Der nächste Vertreter auf der Veranda des Naturzentrums sollte der Minister selbst sein“. Darauf warten wir jetzt.
Nicht ganz so negativ wie erwartet waren Ergebnisse des Leibniz-Instituts aus Warnemünde, das auf Wunsch des NABU Untersuchungen zur Qualität der Gewässer mit ihren Bodenlebewesen um die Warder
ausführte. Erfreuliche Untersuchungsergebnisse bei Zoobenthos liegen für die äußeren Wasserzonen um den Graswarder vor, im Binnensee bewegten sich die Proben im normalen Spektrum. Die NABU-Gruppe
Heiligenhafen unterstützte das Vorhaben und durfte dabei die guten Verbindungen unseres Meeres- biologen Dr. Ulrich Niermann zum Warnemünder Institut nutzen.
Sichtbar wurden die guten tierischen und pflanzlichen Bestände bei der letzten Internationalen Vogelzählung am 16. Dezember dieses Jahres, als ein extrem niedriger Wasserstand die
Flachwasserbereiche um das NSG freilegte. Gesunde und großflächige Miesmuschelbänke stachen besonders heraus und bestätigten unter anderem den guten Gesundheitszustand der Wasserflächen um
das Naturschutzgebiet.
Wiederum positiv verlief auch in diesem Jahr der Einsatz unseres Mitarbeiters Ulrich Tornau (von der HVB gestellt), der über die gesamte Saison die Aufsicht am Beobachtungsturm übernahm und den
Touristen den freien Zugang sicherte. Leider müssen wir beim jetzigen Stand der Verhandlungen mit der HVB davon ausgehen, dass Herr Tornau diese Aufgabe ab 2015 nicht weiter ausführen wird. Die
Maßnahme der Arbeitsagentur war auf drei Jahre befristet und wurde leider nicht fortgesetzt. An Lösungen wird aber gearbeitet.
Als ein äußerst umfangreiches Arbeitsfeld erweist sich die Fertigstellung unseres Buches über die Ausgleichsküste von Heiligenhafen, das nunmehr Anfang 2015 zur neuen Saison erscheinen wird. Der
Titel lautet: „Küste im Wandel- Das Naturschutzgebiet Graswarder“. Es hat einen Umfang von fast 400 Seiten und dokumentiert die Entstehung der Nehrungsküste, den geologischen Aufbau der
Steilküste, die Tier- und Pflanzenwelt auf Dünen, Strandwällen und Salzwiesen, gibt Einblicke in Unterwasserwelten sowie die Entwicklung der Wasserspiegelerhöhun-gen dieses
Küstenraumes. Im Schutzgebiet verläuft zur Zeit alles in ruhigen Bahnen. Haus, Hof und Garten sind gut auf den Winter und ein mögliches Sturmhochwasser eingestellt.
Zum Schluss sei es mir gestattet, noch ein paar persönliche Bemerkungen loszuwerden. An erster Stelle möchte ich mich bei allen Mitstreitern für die gute Zusammenarbeit bedanken, bei den
Naturschutzwarten genauso wie den vielen Mitarbeitern aus Heiligen-hafen. Ich hoffe, alle sind im kommenden Jahr wieder dabei, tragen und ertragen auch die nicht immer erfreulichen
Ereignisse gemeinsam mit. Schon heute weiß ich, dass uns im kommenden Jahr sogar Personen zur Verfügung stehen, die sich nachts auf die Lauer legen wollen, um endlich die Zerstörer der
stromführenden Kabel zu den Elektrogebern für die E-Zäune zu überführen.
Wir können uns glücklich schätzen, über ein so engagiertes Team verfügen zu können.
Und nun bin ich bereits bei meinen obligatorischen Hinweisen: Bis Mitte Januar bitte ich um die Terminwünsche der Naturschutzwarte/innen für das Jahr 2015. Am 14. März wollen wir den Müll aus dem
NSG wegräumen und am 28. April die Tafeln für den Lehrpfad aufhängen.
Bleibt mir jetzt nur Euch / Ihnen ein frohes besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches neue Jahr zu wünschen
Mit lieben Grüßen
Klaus Dürkop
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