Ein Festival der Natur spielt sich zur Zeit auf und über dem Graswarder ab. Über das Naturschutzgebiet ziehen in vielen Keilformationen Kraniche hinweg und machen lauthals auf sich aufmerksam. Sie schrauben sich über der Landfläche in die Höhe, um den Sund und den östlichen Teil der Bucht im Segelflug zu überwinden. Die ständigen Süd-West Winde der letzten Tage haben die Flugroute dieser Großvögel wohl etwas nach Westen verschoben, so dass wir dieses Schaupiel miterleben können.
Unten treffen immer größere Flüge an Nonnengänsen ein. Am 27. März zählte ich über 2500 Exemplare dieser Meeresgansart. Es scheint so, dass sich der Graswarder im Frühjahr immer mehr zu einem
bedeutenden Rastraum entwickelt. Ein kleines Naturwunder, denn vor Jahren war der Anblick von Nonnengänsen noch die Ausnahme. Wollten wir große Gänsescharen erleben, mussten wie schon an die
Westküste z. B. auf die Halbinsel Eiderstedt fahren. Nun haben wir sie vor der eigenen Haustür. Und das hat auch seinen Grund! Jahr für Jahr entdecken immer mehr Nonnengänse, dass sich ihnen hier
ein optimales Nahrungsangebot mit dem Rotschwingel, einer Grasart der Salzwiesen, anbietet. Haben sie in ihren Winterquartieren in Holland noch gerne die frischen Saaten der Ackerflächen
bevorzugt ( zum Leidwesen der Landwirte), stellen sie sich März auf ihrem Flug gen Norden auf den Rotschwingel um. Mit diesem eiweißreichen Futter
fressen sie sich die nötigen Fettreserven für ihren Non-Stopp Flug über 4000 km an die Eismeerküste, Grönland oder auch Spitzbergen an. Zugute kommt
ihnen darüber hinaus, dass im NSG Graswarder Jagdverbot besteht und sie in Ruhe ihre Nahrung aufnehmen können, wenn Ihnen See- oder Fischadler nicht
gerade ins Gehege kommen. Ein eindrucksvoller Anblick, der aber nur wenige Wochen anhält.
Text und Fotos: Klaus Dürkop