Starke südwestliche Winde hatten das Wasser um das Naturschutzgebiet Graswarder hinaus getrieben und für ein überraschendes Schauspiel in den Wind-watten zwischen Strandresort und Schutz-gebiet gesorgt. In den verbliebenen mit Wasser und Algen gefüllten Senken war kurzfristig ein überreiches Nahrungs-angebot mit Fischen und Krabben aller Art entstanden. Gefangen wie in einem abgelassenen Fischteich hatten Stichlinge, kleine Heringe und Plattfische keine Chance mehr, die offene Ostsee zu erreichen. Dieser Umstand hatte sich wohl unter Graureihern und auch einem Silberreiher wie ein Lauffeuer „herumgesprochen“ (siehe Fotos). Ab 14.00 Uhr flogen im Minutentakt immer mehr dieser bis zu 98 cm großen Schreitvögel ein. Obwohl in den letzten Tagen schon vermehrt Graureiher als Zugvögel das NSG aufsuchten, kam die Anzahl doch überraschend. Denn plötzlich konnten aufmerksame Beobachter vom Graswarderweg aus 62 dieser Großvögel bei der Nahrungssuche erleben. Ein Ereignis besonderer Art, das bisher noch nie in diesem Ausmaß am Graswarder beobachtet werden konnte und nur dem reichgedeckter Nahrungstisch zu verdanken war. Der Hunger war auf Grund des optimalen Nahrungsangebots auch sehr schnell gestillt, denn schon bald standen die Reiher gelangweilt auf den Wattflächen. Hätten sie gewusst, dass diese Nahrungsquelle schon bald verschwinden würde, hätten sie sich vielleicht einen „Vorrat“ verschafft. Ich weiß, das klingt sehr menschlich. Dennoch: Am gleichen Abend strömte das Ostseewasser zurück und beendete damit auch den Auftritt dieser Großvögel und einen schönen Anblick.
Leider werden in Schleswig-Holstein durch Einzelerlaubnisse der Unteren Jagdbehörde immer noch zwischen 100-200 Graureiher zum Abschuss freigegeben, was der NABU stark kritisiert. Beim Bestand ist in SH ein 60 prozentiger Rückgang eingetreten.
Text und Fotos: Klaus Dürkop, Manfred Kiau
Vier Bundes- und Europapolitiker der „Grünen“ machten am 14. August erstmalig Station auf dem Graswarder, um sich über den Naturschutz an der Ostsee zu informieren, Reinhard Bütikofer, Luise Amsberg, Konstantin von Notz und der Bundestagskandidat Jakob Brunken. Sie wurden von weiteren Mitgliedern aus ihrer Partei begleitet.
In einem einleitenden Vortrag in Form von Film- und Power-Point-Präsentationen stellte der Referent Klaus Dürkop das Naturschutzgebiet schwerpunktmäßig mit seiner Vogelwelt und den Problemfeldern vor. Für zusätzliche Fragen stand die 2. Vorsitzende der NABU-Gruppe Heiligenhafen zur Verfügung.
Im Vordergrund der anschließenden Diskussion standen der Arten- und Individuenrückgang bei den Küstenvögeln, insbesondere durch Prädatoren wie Fuchs, Marder, Igel etc. Gegenstand der Erörterung war insbesondere der geplante Gitterstabzaun, der in Heiligenhafen von den Stadtvertretern rundweg abgelehnt wird. Die angereisten Politiker zeigten großes Interesse an dem Problem und sagten Unterstützung zu.
Text und Fotos:
Klaus Dürkop
So ähnlich könnte man den Bruterfolg auf dem Graswarder bezeichnen. Im Umfeld der einen Hektar großen eingezäunten Fläche mit der Sturmmöwenkolonie blieben in diesem Jahr zählbare Brutergebnisse bei den Küstenvögeln nahezu gänzlich aus. Die Mittelsäger zogen mit 1 Paar und 6 Jungen ziemlich verlassen ihre Kreise, 1 Paar Stockenten versuchten ihr Glück und 3 Paare der Graugänse schafften es, Ihre Gössel flugfähig zu machen, 1 Paar der Höckerschwäne führen zur Zeit noch 2 Junge. Bei den Sandregenpfeifern kam anfangs mit 12 Brutpaaren noch gute Hoffnung auf, flügge Junge konnten aber nicht registriert werden.
Null Ergebnisse gab es bei den Seeschwalben, den Säbelschnäblern, den Austernfischern.
Mehr als frustrierend, wenn man den Widerständen vor Ort hilflos gegenüber steht. Von einem Vogelparadies der siebziger Jahre sind wir heute meilenweit entfernt. Im Gegensatz dazu tobte in dem E-Zaun gesicherten Areal das Leben. Hier faszinierten die Sturmmöwen im Schnitt mit annähernd 1,8 Jungen pro Paar. Bei insgesamt ca. 220 Brutpaaren wurden so fast 400 Küken flügge. Die Hauptnahrung bestand bei den Sturmmöwen aus Regenwürmern (siehe Foto).
Reiherente und Schnatterente hatten Anfangserfolge, wurden aber später nach dem Verlassen der Kolonie nicht mehr angetroffen.
Verluste durch Füchse, Marder und Igel konnten nicht festgestellt werden. Der nur etwa 1,10 Meter hohe, unter Strom stehende Knüpfdraht, wurde erstaunlicher Weise vom Fuchs nicht übersprungen. Ein Hindernisgrund mag möglicherweise der in einem Meter davor aufgebaute engmaschige Kükendraht sein. Ob die elektrisch aufgeladenen Felder um die Zäune herum darüber hinaus auch noch eine Rolle spielen, sollte einmal untersucht werden. Der NABU ist dabei aber überfordert.
Verluste bei der Aufzucht traten lediglich durch Silbermöwen auf. Insgesamt haben sich der Einbau und die tägliche Kontrolle der Zäune mehr als gelohnt. Besonderer Dank gilt den ehrenamtlichen Mitstreitern. Eingriffe in die Natur haben in der Regel aber nicht selten auch ungewollte Folgen. Dazu zählt hier der hohe Aufwuchs durch Melden, Kamille und Ackerkratzdistel. Daher wurde das eingezäunte Areal zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder für die Rinder geöffnet. Sie stürzten sich mit Heißhunger auf die Melde und die Kamille. Bei der Beseitigung der Disteln ist leider Handarbeit angesagt. Die Zaungeflechte wurden eingerollt und ins Winterlager gebracht – aufwendig und mühsam.
Text und Fotos: Klaus Dürkop
Wie erfolgreich die Sicherung einer Küstenvogelkolonie vor Prädatoren sein kann, zeigte der NABU im NSG Graswarder / Heiligenhafen. Auf einer Restfläche von knapp einem Hektar des ca. 230 Hektar großen Naturschutzgebietes brüteten neben Löffelente, Schnatterente und Austernfischer und Höckerschwan etwa 220 Sturmmöwenpaare in der Kolonie südlich des Naturzentrums.
Nach bisherigen Erkenntnissen zeichnet sich ein außerordentlich erfreuliches Ergebnis ab. Anfängliche Kälteeinbrüche verspäteten zwar um einige Tage den Brutbeginn, doch jetzt scheinen die Verzögerungen vergessen zu sein.
Die ersten Sturmmöwen waren am 4. Juni flügge. Einbußen gab es zwar durch ein Silbermöwenpaar, das mit seiner cleveren Doppelstrategie immer mal Erfolg hatte. Während der eine bei seinen Angriffen größere Mengen an Sturmmöwen in der Luft auf sich zog, packte sich der Partner am Boden unbewachte Küken. Auch die Jungtiere der Silbermöwe mussten versorgt werden (siehe Foto). Die Verluste hielten sich aber in Grenzen. Selten überwanden Rabenkrähen den Verteidigungsschirm der Sturmmöwen. Solange die Brutkolonie groß genug war und ist, wehren sie sich mit Schnabel-und Flügelattacken und verhinderten damit das Eindringen in die eigentliche Brutzone.
Voraussetzung für den Erfolg waren letztlich wieder die E-Zäune und die Plastikfolien, die das Areal lückenlos gegen Igel, Marder und Füchse abgrenzen (siehe Fotos). Eine weitere Voraussetzung war darüber hinaus die tägliche Überprüfung der Zäune auf ihre Leitfähigkeit. Ein Stromausfall hätte bittere Folgen haben können. Sollen Maßnahmen am Ende von Erfolg gekrönt sein, bedarf es daher stets umfangreicher personeller Aufwendungen. Wir sind froh darüber, zwei excellente Mitarbeiter für diese Aufgabe gefunden zu haben.
Übergriffe in Form von Zerstörungen der E-Zäune durch menschliche Zweibeiner konnten durch die weithin sichtbaren Wärmebildkameras verhindert werden. Sie decken den gesamten Raum um die Kolonie ab und machen Meldung, wenn ungebetene Gäste sich der Kolonie nähern.
Diese ersten Maßnahmen sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bislang nur ca. 1% der Gesamtfläche des NSG von der Einzäunung profitiert. Auf allen anderen Flächen gehen der Eierklau, die Tötung von Jungvögeln etc. durch Prädatoren ungehindert weiter mit der Konsequenz, dass ansonsten überhaupt keine Jungvögel mehr flugfähig werden. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwa 5-6 Jahren ist demnach abzusehen, wann die Küstenvogelkolonien auf dem Graswarder verwaist sein werden. Eine Ausnahme bildeten in diesem Jahr nur Graugänse. Bei ihnen gab es immerhin bei fünf Familien Jungtiere.
Die Negativbilanz war bereits im Frühjahr erkennbar, denn in diesem Jahr flogen allein bei den Säbelschnäblern wie auch bei den Küstenseeschwalben nur noch jeweils ein Paar überhaupt im NSG ein, Zwergseeschwalben und Flussseeschwalben blieben ganz aus. Bei den Austernfischern sank die Zahl der Brutvögel auf weniger als 50% des letztjährigen Bestandes ab. Die Gelege bzw. Jungvögel bei den Entenvögeln wie Brandenten, Schnatterenten, Löffelenten, Reiherenten oder Stockenten wurden bisher allesamt Beute von Füchsen und Mardern. Da auch der Marderhund im Gebiet aufgetaucht ist, muss seitens auch dieses Raubsäugers mit Verlusten gerechnet werden.
Wenn diese Entwicklung so weitergeht, müssen wir damit rechnen, den Bestand an Küstenvögeln gänzlich zu verlieren. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der vorgesehene Schutz mit einem Zaun
verwirklicht wird. Dazu ist eine großflächige Umzäunung mit einem Gitterzaun geplant, der vom Ministerium für Energie, Landwirtschaft und Umwelt favorisiert wird.
Werden hiesige Politiker auf den dramatischen Rückgang bei der Brutvogelwelt angesprochen, bekommt man schon mal zur Antwort: „Na und, wozu brauchen wir denn Vögel“. Wertschätzung des
Naturschutzes sieht anders aus! Für eine Reihe von örtlichen Entscheidungsträgern ist das Naturschutzgebiet offensichtlich nur eine willkommene Dekoration bei Werbemaßnahmen für den
Tourismus.
Wer in diesen Tagen noch einmal quicklebendige Küken der Sturmmöwen erleben möchte, sollte ganz schnell an einer naturkundlichen Führung teilnehmen, vielleicht zum letzten Mal.
Text und Fotos: Klaus Dürkop
Gleich sechs Steinschmätzer machten am 16. April nach Aussage unseres Natur-schutzwartes Manfred Kiau Station auf dem Graswarder. Nah genug für unseren Fotografen, um einige großartige Fotos zu machen. Sie waren Anlass genug, um einmal nach den Überwinterungs- und Brutgebieten dieses nur 25 Gramm leichten Singvogels zu suchen. Staunens-wert, was dabei herauskam. Der kleine Vogel schafft den längsten Vogelzug unter den Singvögeln, ein wahrer Weltmeister. Im Verhältnis zu seiner geringen Größe legt er die größte Distanz zurück, die jemals bei Vögeln beobachtet wurde.
Dank des technischen Fortschritts konnten vor kurzem Ornithologen herausfinden, dass die Steinschmätzer südlich der Sahara (Sudan, Uganda, Kenia) überwintern und jetzt im Frühjahr wieder auf dem Rückflug zu ihren Brutplätzen nach Kanada und Alaska sind, mit Zwischenstation auf dem Graswarder. Es ließ sich nachweisen, dass die Steinschmätzer an einzelnen Tagen bis zu 850 Kilometer zurücklegen, sogar 3500 Kilometer über den Nordatlantik fliegen, dabei Grönland streifen und es bei ihren Pendeltouren insgesamt auf ca. 30.000 Kilometer im Jahr bringen können. Meist fliegen sie allein oder in losen Schwärmen, nicht aber in geordneten Formationen, wie wir es von Gänsen oder Kranichen kennen. Auf dem Graswarder kann man sie bei ihrer Nahrungssuche im April und Mai beobachten.
Text: Klaus Dürkop, Fotos: Manfred Kiau, Klaus Dürkop